Rhein-Main Klima Gruppe

Board zur Organisation der Klimagruppe Frankfurt / Rhein-Main

Wie sehen Aktionen heute aus?




Ideen · Vorschläge · Wünsche · Visionen

Wie sehen Aktionen heute aus?

Beitragvon heike » Mi 21. Jan 2015, 22:37

Habe gestern Nacht im ZDF eine Sendung (21.1. ca 1:00 Uhr / "37 Grad") gesehen, wie junge Leute heutzutage auf ihre Ideen aufmerksam machen: zB eine Frau, die gegen Kuhmilch unterwegs war in Fussgängerzonen, und zwar fast nackt, und die alternative Hafermilch bot sie den Leuten zum testen aus Schläuchen an, die aus ihren Brüsten zu kommen schienen. Sehr provokant und mutig, aber sie war so nett und locker, dass fast alle begeistert wurden.
Die anderen Beispiele waren eher normal, aber auch positiv, und es wurde ganz klar, das man Menschen nur mit positiven Aktionen gewinnen kann.
Das wollte ich nur nochmal in die Runde werfen.... auf gutes Gelingen!
Heike
heike
Kerngruppenmitglied
 
Beiträge: 1
Registriert: Fr 16. Jan 2015, 13:33

von Anzeige » Mi 21. Jan 2015, 22:37

Anzeige
 

Re: Wie sehen Aktionen heute aus?

Beitragvon Kuwe » Sa 24. Jan 2015, 12:23

Die 37°-Sendung konnte ich in der ZDF Mediathek leider nicht wiederfinden. Dass man Menschen am besten mit positiven Aktionen gewinnen kann, finde ich auch einen sehr wichtigen Punkt. "Ich bin gegen …" klingt schon so nach Trotz und schlechter Laune.

Das Beispiel mit der fast nackten Hafermilch-Frau erinnert mich an die ALS Ice Bucket Challenge, die letzten Sommer über Tausende Köpfe in aller Welt platschte. Ein Paradebeispiel dafür, wie eine erfolgreiche Aktionen heute aussehen kann. Zwei Faktoren spielen in beiden Beispielen eine Rolle: a.) das Spiel mit der Nacktheit (ich unterscheide im folgenden nicht weiter zwischen partieller oder mehr oder minder vollständiger Nacktheit) b.) das Engagement für eine gute Sache.

Die ALS Ice Bucket Challenge war ja vom Prinzip her ein "Wet T-Shirt Contest" zu einem guten Zweck. Im Gegensatz zu einem Wet T-Shirt Contest nahmen aber auch wahnsinnig viele Männer teil. Auch damit holte diese Aktion den eher schlüpfrigen Wet T-Shirt Contest heraus aus der "Schmuddelecke". Neben dem Spaß wurde auch die Ernsthaftigkeit, die Authentizität des Anliegens glaubwürdig vermittelt. Ob das eigentliche Anliegen tatsächlich ein so hehres war, sei dahingestellt. Die Leute spendeten viele Millionen Dollar, aber für das Elend der Nerven- und Muskelkrankheit ALS interessierte sich fast niemand.

An der PETA-Kampagne "Lieber nackt als im Pelz" scheiden sich schon eher die Geister. Wird hier die Nacktheit für einen guten Zweck instrumentalisiert, oder wird der der gute Zweck für eitle Selbstdarstellung mißbraucht? Das Zurschaustellen und das Betrachten von Nacktheit hat etliche Aspekte, die selten eindeutig sind. Da gibt es den Mut zur Selbstüberwindung der Schamgrenze; den Respekt oder die Bewunderung für diesen Mut; den Spaß an Exhibitionismus und lustvoller Selbstdarstellung (die von harmlos über provokant und aufdringlich bis zu übergriffig reichen kann); bis hin zur Degradierung des Ansehens einer Person z.B. als reines Sex-Objekt.

Seit dem Mittelalter werden "höhere Absichten" bemüht, um die Sinnesfreuden von Nacktheit moralisch zu legitimieren. Beliebte Motive zur Darstellung von Nackten auf alten Gemälden sind daher Bilder von griechischen Göttinnen und Göttern. Diese "höheren Absichten" finden sich heute oft im "Aufopfern für einen guten Zweck" wieder. Dies wurde bei der ALS Ice Bucket Challenge dadurch unterstrichen, dass richtiges Eiswasser verwendet wurde. Die Steigerung der Tortur im Vergleich zum herkömmlichen Web T-Shirt Contest (mit "nur kaltem" Wasser) stellte die erforderliche Selbstüberwindung und den Mut der TeilnehmerInnen noch deutlicher heraus und adelte damit quasi deren reine Absichten.

Das Aufopfern für einen guten Zweck und das freiwilligen Erleiden von Qualen hat ja auch eine lange Tradition. Das Zurschaustellen von Opferbereitschaft kann aber auch stets eine Demonstration der eigenen Stärke sein (der Stärke des eigenen Willens, der Widerstandskraft, der Leidenschaft, der Liebe) und ist damit auch nicht unbedingt unsexy. Wobei z.B. so eine öffentliche Selbstgeißelung im Mittelalter bestimmt halb soviel Spaß gemacht hat wie die Teilnahme an der Ice Bucket Challenge ;-) Und darin liegt für mich auch der Unterschied zur Heuchelei.

Persönliche Schlussfolgerung aus Hafermilchbusen-Frau und ALS Ice Bucket Challenge: Um heutzutage positiv aufzufallen, sind sexy Aktionen zu einem guten Zweck gern gesehen und ziemlich erfolgreich, solange sie – durch persönliche Ausstrahlung oder durch besonders hohe, ungeheuchelte Selbstüberwindung – authentisch wirken und ungeniert akzeptiert werden können.
Kuwe
Administrator
 
Beiträge: 31
Registriert: Fr 9. Jan 2015, 23:13


TAGS

Zurück zu Brainstorming



Wer ist online?

0 Mitglieder

cron